Von Antreibern und Getriebenen
Zur Bedeutung des G8-Prozesses und der Proteste
Juni 2007. Am 2. Juni ziehen Hunderttausende durch die Straßen von Rostock, die Medien berichten von der „größten und buntesten Demonstration des vereinigten Deutschlands“. Es ist nur der Auftakt: Die Aktionen, Camps und Gegengipfel der folgenden Woche stellen den „Weltwirtschaftsgipfel“ fast in den Schatten. Zwei Jahre Vernetzungs- und Kampagnen-Treffen, Info-Touren und Vorbereitungen haben in Deutschland und Europa zu einer enormen Politisierung geführt – viele Menschen haben angefangen zu begreifen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht natürlich oder schicksalhaft sind, sondern sich durch kollektives Handeln verändern lassen. „Heiligendamm“ wird zum Kristallisationsmoment einer breiten, über die Gipfeltage hinausreichenden gesellschaftlichen Mobilisierung: Immer mehr Menschen widersetzen sich der neoliberal-imperialen Weltordnung und kämpfen für Alternativen. Große Teile der Gewerkschaften brechen mit der neoliberalen Sozialdemokratie, die sozialen Bewegungen verbünden sich miteinander und über die Grenzen Deutschlands hinaus, diskutieren einen neuen Internationalismus und verwirklichen die geforderten Alternativen im Alltag.
Solche Vorstellungen standen am Beginn der Mobilisierung zum G8-Gipfel vor zwei Jahren. Endlich sollte es gelingen, ein breites Bündnis von der radikalen Linken bis weit in die bürgerliche Mitte hinein zu formieren, die Defensive zu verlassen und Kritik an neoliberaler Politik wieder mehrheitsfähig zu machen. „G8 delegitimieren, soziale Bewegungen stärken, Alternativen leben“ – diese Erwartungen, oder besser: Hoffnungen, hegte nicht nur die BUKO. Seither ist viel diskutiert, geplant, konkretisiert worden. Erfüllen sich die Erwartungen? Treffen die Analysen und Prognosen zu, die wir vor einem Jahr formuliert haben? Wie beziehen sich die Bewegungen auf die herrschende Politik? Zur Beantwortung dieser Fragen ist es nötig, zunächst auf Geschichte und aktuelle Funktion der G8-Staaten einzugehen, um anschließend zu diskutieren, wie eine gelungene Mobilisierung gegen den Gipfel aussehen müsste und wie die tatsächliche Mobilisierung abschneidet.
Knotenpunkt globaler Hegemonie
Aus unserer Sicht ist die G8 weniger als ein Machtzentrum zu begreifen, von dem aus Entscheidungen globaler Reichweite getroffen werden. Die Koordination der mächtigsten Regierungen bildet vielmehr einen Knoten im Netzwerk globaler Hegemonie, in dem sich Herrschaftsverhältnisse verdichten und umkonfigurieren. Dieses sich durch die gesamte Gesellschaft ziehende Netz von Trennlinien und Machtbeziehungen lässt sich nicht auf ein einfaches „oben“ und „unten“ reduzieren. Nicht die „Bösen Acht“ treffen sich in Heiligendamm und planen hinter verschlossenen Türen ihre „fiesen“ Aktionen. Sollen die G8 sinnvoll kritisiert werden, so muss man sie in das bestehende System einordnen und zeigen, dass sich ihr Einfluss aus bestehenden Machtverhältnissen und -mitteln, Abhängigkeiten und Diskursen speist.
Dies zeigt die Geschichte der G8: Sie waren immer Spiegel der jeweils herrschenden Politik, zugleich Antreiber und Getriebene.
Die 1975 bei der Gründung der G8 im französischen Rambouillet beteiligten sechs Regierungen – USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien – wollten sich in einem informellen Rahmen über Maßnahmen verständigen, mit denen auf den drastischen Ölpreisanstieg, die ökonomische Rezession und die monetären Turbulenzen, die sich nach der Aufhebung der Goldbindung des US-Dollars 1971 und der Freigabe der Wechselkurse 1973 ergeben hatten, reagiert werden konnte. Auch politisch standen die Regierungen der großen kapitalistischen Staaten unter Druck. Die USA hatten in Vietnam die schwerste Niederlage ihrer Geschichte hinnehmen müssen, linke Massenbewegungen hatten seit Ende der 1960er Jahre das politische System herausgefordert.
Das informelle, zurückgezogene Treffen der damals sechs Staatschefs zielte in den 1970er Jahren auf Re-Stabilisierung des Weltwirtschaftssystems – durch staatliche Maßnahmen. In den 1980er Jahren kam es zu einem Politikwechsel: Die „Neue Weltwirtschaftsordnung“ basierte auf liberalisierten Märkten, der zunehmenden Macht transnationaler Unternehmen sowie den politischen Säulen von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und einer zukünftigen Welthandelsorganisation (WTO). Mit diesem Projekt sollte die Stellung der westlichen Staaten in den weltweiten Machtverhältnissen verteidigt werden. Dies geschah gegen ein breites Bündnis von Entwicklungsländern, die ihre Kritik im Rahmen des UN-Systems mit großem Nachdruck vertraten. Für den Zweck des Machterhaltes erwiesen sich das marktförmige Währungssystem und ab 1982 die Schuldenkrise als geeignete Hebel – einige Länder des Südens scheiterten an den neuen Strukturen des globalen Währungssystems und mussten sich für zahlungsunfähig erklären. Die G7-Gruppe wurde zu einer wichtigen Verfechterin der „Strukturanpassungslogik“, die die von dieser Gruppe wesentlich beeinflussten Institutionen IWF und Weltbank in entsprechenden Programmen umsetzten.
Forum für globale Fragen
Mit dem Fall der Mauer 1989 wurden die Karten neu gemischt. Die UNO erwies sich als zu zerrissen, um einen führenden Platz in der neuen Weltordnung einzunehmen, wohingegen die G7 sich als effizientes, kompetentes Forum für globale Fragen etablieren konnte. Ausdruck davon war z.B. der scheinbar endgültige Triumph über den Sozialismus und die Aufnahme des achten Mitglieds Russland. Doch das Zelebrieren der Macht, das die Gipfel umgab, konnte nicht verhindern, dass nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die G8 als eines ihrer Koordinierungsgremien in den letzten Jahren zunehmend an Einfluss verloren. Das Netz, in das ihre Ökonomien eingebunden sind, ist längst zu komplex geworden, als dass sie noch die Entscheidungsgewalt besitzen könnten, die sie nach außen vortäuschen. In der WTO ist die G8 wegen des Handelsstreits zwischen der EU und den USA nicht handlungsfähig, und die globale Machtverteilung hat sich zuungunsten der G8 verschoben: China ist inzwischen zweitgrößte Wirtschaftsmacht, Indien steht an vierter Stelle.
Und dennoch sollte ihr Koordinationsmechanismus nicht unterschätzt werden, denn sie bleibt zentral zur Aufrechterhaltung der neoliberalen und imperialen Globalisierung. Die Macht und der Einfluss der G8 wirken über verschiedene Ebenen: Erstens hat sie zwar als solche keine eigenständige formelle Entscheidungsgewalt, nicht einmal ein Gründungsdokument. Aber über die mächtigen Regierungen werden die Absprachen in andere internationale Foren eingebracht (etwa in Weltbank, IWF, WTO, OECD) bzw. über nationale Politiken umgesetzt, da sie über „Empfehlungen“ oder konkrete Forderungen Druck auf andere Regierungen ausüben kann.
Zweitens werden im Rahmen der G8 Differenzen und Widersprüche zwischen den weltpolitisch und -ökonomisch dominierenden Staaten ausgetragen und bearbeitet. Gemeinsame Interessen der Mitgliedsstaaten werden destilliert, koordiniert und nach außen gebündelt. Beim Verschuldungsmanagement in den 1980er Jahren, den Währungskrisen in den 1990er Jahren sowie bei den gegenwärtigen Diskussionen um „globale Sicherheit“ und Sicherung der Energieversorgung waren und sind die G8 jeweils ein zentraler Ort der Entwicklung von Strategien des Krisenmanagements.
Drittens entfalten insbesondere die Treffen der Regierungschefs eine hohe symbolische Wirkung. Die symbolische Inszenierung von Herrschaft und Legitimität verkörpert und stabilisiert die Verhältnisse, da die Gipfel auf dieser Ebene bis in den Verstand und die Gefühle der „Beherrschten“ wirken.
Mobilisierung als langfristiger Prozess
Was kann unter diesen Umständen als Erfolg einer Mobilisierung gelten? Zum einen natürlich die Größe der Mobilisierung: Wie viele Menschen kommen zu den Protesten? Gelingt es, auch über das linksradikale Spektrum hinaus Menschen zu mobilisieren? Inwieweit findet eine Vernetzung über die Grenzen Deutschlands statt? Wenn sich die G8 in Heiligendamm treffen, soll unübersehbar sein, dass Menschen mit der herrschenden Weltordnung nicht einverstanden sind – in Deutschland, in Europa, überall. Für eine bleibende Wirkung des Protest ist aber entscheidend, was vor und nach den Massenaktionen passiert.
Ziel der Bewegung selbst muss sein, dauerhafte Strukturen aufzubauen, die die lokalen Kämpfe mit den globalen in Verbindung setzt, ohne dass deshalb ein fester Rahmen vorgegeben wird, in den sich die Bewegung zu fügen hat. Die Kampagne gegen die G8 sollte keinesfalls bloß die Kräfte von den Kämpfen vor Ort ziehen; sondern vielmehr die lokalen Kämpfe in die Mobilisierung miteinbeziehen, vor allem jene „vor Ort“.
Der Fehler vergangener Gipfelproteste sollte nicht wiederholt werden: Dass Tausende GipfelgegnerInnen anreisen, protestieren und nach dem Gipfel die lokalen Gruppen in einem Scherbenhaufen allein zurücklassen. Doch die laufende Mobilisierung zeigt, dass das zu verhindern schwieriger ist als gedacht. Trotz zahlreicher Veranstaltungen in der Region um Heiligendamm ist die Einbindung lokaler Gruppen nicht einfach: Sei es, weil linke Gruppen in der Region dünn gesät und sie mit den Erwartungen an sie rasch überfordert sind, sei es, weil rechtsradikale Kräfte den Frust der Bevölkerung vor Ort besser für sich zu nutzen wissen.
Umso entscheidender ist es für den Erfolg einer breiten Mobilisierung, die verschiedenen Probleme und Konflikte in einen inhaltlichen, vor allem aber praktischen Zusammenhang mit der Anti-G8-Vernetzung zu stellen. Auf diese Weise könnte auch sichergestellt werden, dass die Bündnisse und Netze nicht nach den Gipfeltagen ebenso schnell zerfallen, wie sie zuvor mühsam geknüpft worden sind.
Zentral ist dafür ebenfalls die Verankerung des Protests im Alltag und in bestehenden (Protest-)Praktiken. Er muss von bestehenden Protestformen ausgehen, diese vernetzen und auch über den Gipfel hinaus stärken. Der Protest darf gerade nicht zum Urlaub vom Alltag werden: Eine Woche lang werden im Camp Alternativen gelebt, bevor es zurück geht ins „normale“ Leben, das, ungeachtet der Erfahrungen, weiter geführt wird. Der Gipfel darf weder eine Projektionsfläche werden für die Schwächen und Fehler des Systems („die Bösen Acht“) noch als Ereignis empfunden werden, das fern über unseren Köpfen schwebt und uns nicht berührt. Die Verbindungen zwischen den G8 und unserem Leben sind auf den ersten Blick nicht offensichtlich, sie müssen bewusst aufgedeckt und thematisiert werden, um zu verdeutlichen, wie die von der G8 vertretene Logik in unserem Alltag wirksam ist.
Inhaltliche Defizite
Ob die oben genannten Ziele erreicht werden können, ist schwer auszumachen. Als schwierig erweist sich insbesondere die Vermittlung zwischen institutioneller Politik und auf Autonomie bedachten sozialen Bewegungen. Auch wenn das Streben nach Distanz zu staatlicher Politik und Parteien vor dem Hintergrund vergangener Integrations- und Befriedungserfahrungen verständlich und berechtigt ist. Für die anzustrebenden stabilen Bündnisse sind Teile von Linkspartei und Gewerkschaften unverzichtbar. Wie eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen demokratisch-zentralistischen Organisationen, professionalisierten Nichtregierungsorganisationen und Widerstandsnetzwerken, die mit dem Anspruch agieren, ohne Hierarchien und Repräsentationsstrukturen aufzutreten, aussehen kann, ist noch nicht erprobt.
Damit verbunden ist ein inhaltliches Defizit der bisherigen G8-Mobilisierung: Die Parallelität von deutscher EU-Ratspräsidentschaft und dem G8-Vorsitz ist kaum ein Thema. Insbesondere die Ankündigung der Bundesregierung, die EU-Verfassung wieder beleben zu wollen, böte geeignete Ansatzpunkte. Zum einen steht die EU-Verfassung für die dauerhafte rechtliche Verankerung der Prinzipien fortschreitender Liberalisierung und Aufrüstung; sie ist also mit zentralen Themen der Heiligendamm-Vorbereitungen verknüpft. Zum anderen haben Teile der Linken auf europäischer Ebene in den letzten Jahren einige zaghafte Erfahrungen mit transnationaler Mobilisierung gemacht (z.B. EU-Dienstleistungsrichtlinie), an die die G8-Mobilisierung anknüpfen könnte.
Das Ende der Grabenkämpfe?
In vieler Hinsicht scheinen sich Erwartungen an die Mobilisierung zu erfüllen. Vor allem die Breite der mobilisierenden Gruppen, Organisationen, politischen Spektren ist schon jetzt ein Erfolg: Sozialpolitische Gruppen und Erwerbslosen-Initiativen, gewerkschaftliche Linke, feministische Gruppen, selbstorganisierte MigrantInnen, antirassistische und antifaschistische Gruppen, die Umweltbewegung, Studierende, die Bewegung gegen den Krieg und die für eine andere Globalisierung, professionelle Nichtregierungsorganisationen und christliche Gruppen richten ihre Kräfte auf die Proteste gegen die G8 und planen Aktionen in Heiligendamm.
Des Weiteren zeigen sich Lernerfolge aus vergangenen Mobilisierungen. Im Gegensatz zu Köln 1999 haben sich die Proteste nicht schon im Vorfeld aufgrund inhaltlicher Auseinandersetzungen und politischer Grabenkämpfe dezimiert; im Gegenteil. Nach einer Flaute im vergangenen Sommer und Herbst ist das Thema G8 wieder überall präsent. Ein gewisser Pragmatismus scheint dabei den Ton zwischen den Gruppen und Spektren zu bestimmen. Auf den Rostocker Aktionskonferenzen wird eine „Protest-Choreographie“ verhandelt, die vielen verschiedenen Aktionsformen Raum gibt. Selbst die Planungen einer Neuauflage der Live8-Konzerte von 2005 – diesmal mit Herbert Grönemeyer an der Spitze – scheinen die Gemüter nicht mehr zu erregen.
Die Erfahrungen von Gleneagles haben nicht nur die radikale Linke für Möglichkeiten der Vereinnahmung sensibilisiert. Sogar die NGOs, die mit der britischen Regierung ein Bündnis eingegangen sind, um „Armut (zur) Geschichte zu machen“ (make poverty history) und bitter enttäuscht wurden, denken mit Schrecken an Bob Geldofs Kommentar zurück, die G8 habe alle Erwartungen mehr als erfüllt. Doch die Sensibilität gegenüber Vereinnahmung wird kontraproduktiv, wenn sie die eigenen Aktionen zu lähmen droht.
Gleneagles hat nämlich auch gezeigt: Sich früh auf radikal-antagonistische Positionen zurückzuziehen und die trotz aller Vereinnahmungsgefahren bestehenden Mobilisierungspotenziale rechts liegen zu lassen, führt in die politische und öffentliche Marginalität. Der Versuch der herrschenden politischen Kräfte und Medien, die Protest in „konstruktive Kritik“ und „destruktive Spinnerei“ zu sortieren, stellt in der nächsten Zeit eine Herausforderung für die bündnispolitischen Bestrebungen dar. Die bisherigen Erfahrungen der Mobilisierung lassen jedoch hoffen, dass sie diesen Spaltungsversuchen gewachsen sein wird.
Martialische Sicherheitsvorkehrungen
Ein weiterer positiver Punkt ist die Internationalität der Mobilisierung und Vernetzung. Mehrere Infotouren in über 20 Länder haben stattgefunden, weitere folgen. Es existiert eine funktionierende internationale Mailingliste, und im Februar hat das erste internationale Vernetzungstreffen in Warschau stattgefunden, von dem ein „Global Call“ zu Aktionen gegen die G8 in Heiligendamm und anderswo ausging.
Auch in einer breiten Öffentlichkeit wurde der G8-Gipfel spätestens seit dem Bush-Besuch in Mecklenburg-Vorpommern und den martialischen Sicherheitsvorkehrungen zum Thema. Die wahnwitzigen Vorbereitungen hatten das Ereignis unübersehbar gemacht: Tausende ÜbersetzerInnen, MitarbeiterInnen und BeraterInnen sowie große Scharen von JournalistInnen werden an den Gipfeltagen für massive Einschränkungen in Rostock, Bad Doberan und Kühlungsborn sorgen. Das Innenministerium kündigte die höchste Sicherheitsstufe und den Einsatz von 16.000 PolizistInnen an, die Stimmung der lokalen Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern kippt angesichts der absurden „Sicherheits“-Maßnahmen gegen das Treffen der Regierungschefs.
Der zwölf Kilometer lange Zaun und eine erweiterte Sicherheitszone um den Tagungsort zum Schutz der Herrschenden entfaltet gerade in der ehemaligen DDR eine enorme Symbolik, gegen die die PR-Strategien der Bundesregierung kaum ankommen. Der absurde Streit um die Übernahme der Kosten, der die Landesregierung bereits zur Drohung drängte, den Gipfel ganz abzublasen, tut ein Übriges. Dass es wichtig ist, mit der lokalen Bevölkerung ins Gespräch zu kommen, ist im Rahmen der Mobilisierung frühzeitig erkannt worden – so haben Gruppen und Einzelne immer wieder örtliche Informationsveranstaltungen beispielsweise von Polizei und Tourismusverbänden genutzt, um auch auf die Schattenseiten des Gipfeles aufmerksam zu machen.
Träumen erlaubt
Vielleicht sieht es im Juni 2007 und danach auch so aus: Nach Heiligendamm und Umgebung fahren mehrere Zehntausend Menschen, und die Mecklenburg-Vorpommersche Landschaft sieht mehr Linke auf einem Haufen als je in ihrer Geschichte. Es gibt so viele kreative und unterschiedliche Aktionen, dass die Proteste in den Medien mindestens so viel Aufmerksamkeit bekommen wie der Gipfel selbst. Den hohen Herren und Damen wird die Show gestohlen – stattdessen machen die anwesenden Protestierenden deutlich, dass die Welt ganz anders aussehen soll und kann. Viele lernen sich während der Tage in und um Heiligendamm kennen, diskutieren miteinander und fahren nach den Tagen im Juni zwar erst einmal müde, aber doch mit neuer Energie für politische Arbeit nach Hause. Nach einigen Wochen Urlaub finden vielerorts Treffen statt, um die gemachten Erfahrungen zu reflektieren und um für die Zukunft zu lernen. Viele der Bündnisse, die im Vorfeld der Mobilisierung geschmiedet worden sind, werden zwar nach dem Gipfel wieder bedeutungslos, manche Kontakte bleiben aber, und manch eineR hat etwas über die Wirksamkeit kollektiven Handelns gelernt. Das wäre doch schon was – und vielleicht kommt ja alles noch viel besser.
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Erschienen in arranca! #36