Editorial

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Viele Fragen haben wir im Call for Papers für diese Ausgabe gestellt, viele Erwartungen an Bewegungsgeschichte steckten darin. Einiges davon schlägt sich in Artikeln dieser Nummer wieder.
Wie versprochen ist es keine schulterklopfende Nabelschau geworden. Der in unserer Gruppe geschriebene einleitende Artikel hat uns gezeigt, dass es mit der von uns so hochgehaltenen Geschichtsweitergabe nicht so einfach ist: Während diejenigen von uns, die schon lange dabei sind, den Text wenig spektakulär fanden, sind Neuere in der Gruppe froh, endlich mal alles übersichtlich präsentiert zu bekommen.
Insgesamt ist wenig Reflexion über die Notwendigkeit von Geschichtsschreibung herausgekommen. Ein wenig gewundert hat uns, dass der Zusammenbruch des Realsozialismus in keinem der Artikel eine Rolle spielt (ein geplanter Artikel dazu ist leider nicht zustande gekommen). Zwar gibt es auch bei uns keine Einigkeit darüber, ob der Mauerfall der entscheidende Faktor für die Gründung der Gruppe FelS 1991 war, aber erwartet hatten wir schon, dass die Geschichte der linken Bewegung viel deutlicher in die Zeit davor und danach eingeteilt werden würde. Überhaupt scheinen die letzten 20 Jahre wenig Epochales für eine linke Bewegungsgeschichte gebracht zu haben. Nach den sensationsheischenden Rückblicken auf 30 Jahre deutscher Herbst, 40 Jahre 1968 und so weiter hier also eine weniger spektakuläre Geschichtsbetrachtung. Am ehesten noch zieht sich das Themenfeld der Vereinnahmung durch die Nummer. Insofern bietet sie ein Innehalten, Zurückblicken und Reflektieren und macht uns und hoffentlich euch den Kopf ein wenig klarer für die nächsten Jahre.

Ab der nächsten Ausgabe müssen wir den Preis auf 4,50 pro Exemplar erhöhen. Wir tun es nicht gern, aber trotz der einen oder anderen Soliparty sind die Kosten für Druck und Versand nicht gedeckt. Und zu einer billigen Internetdruckerei zu wechseln, ist für uns keine Alternative zu unserem geschätzten linken Druckereikollektiv – wir legen Wert auf guten Druck und fabelhafte Drucker_innen, die sich auch für den Inhalt des Druckwerks interessieren.

Die letzte Nummer, Bodycheck und linker Haken, in der es um den/die Körper ging, scheint euch jedenfalls gefallen zu haben. Sie ist ausverkauft! Das Thema ist nicht nur en vogue, sondern auch streitbar. Gleich zwei Erwiderungen auf in der a!43 erschienene Artikel finden sich in der aktuellen Ausgabe: Vera Schwarz und Peter Bachstein bieten in Raus aus dem Reservat den Blick auf den Alltag, den sie in Was heißt Ableism? vermissten. In Queer-feministische Politik und Inter*-Bewegung – Neuentdeckung eines unbekannten Kontinents? vertritt Ulrike Klöppel die These, dass der Artikel Es waren zwei Königskinder unterschiedliche Positionen in der Inter*-Bewegung leugnet und schließt mit der Frage, ob Intergeschlechtlichkeit immer nur so interessant ist, wie sie als terra incognita eine Neuentdeckung verheißt. Andreas Kemper schließlich regte der Schwerpunkt zu seinem Artikel Klassenkörper an.

Für die Nutzung ihres Fotoarchives möchten wir dem Umbruch Bildarchiv danken: www.umbruch-bildarchiv.de

Bei der Fertigstellung der Nummer hat uns die Nachricht vom Tod unseres Genossen Moe Hierlmeier erreicht. Moe gehört prägend zur Geschichte der Linken der letzten 20 Jahre. Auch die arranca! hat er immer wieder mit Artikeln bereichert, zuletzt in den Nummern 41 Das Ganze Leben - Haltung und Rausch und und 43 Brecht - Bataille - Benjamin und ihre Kritik am Antifaschismus der Arbeiterbewegung. Die Interventionistische Linke, in der wir organisiert hat, hat gemeinsam mit anderen einen Nachruf auf Moe veröffentlicht, den ihr auf http://www.fels-berlin.de/de/601/moe findet.

Diese Nummer der arranca! widmen wir Moe. Er wird uns fehlen.

Eure arranca!-Redaktion

Für eine linke Strömung (FelS) ist eine Berliner Gruppe, die sich seit 1991 um die Weiterentwicklung linksradikaler Politik bemüht. Wir arbeiten in themenbezogenen Arbeitsgruppen zu den Themen Antifaschismus, Antirassismus, Queerfeminismus, Soziale Kämpfe sowie Klima und geben die Zeitschrift arranca! heraus. Wir sind eine offene Gruppe und freuen uns über neue Leute. Ihr findet uns unter http://fels-berlin.de und http://arranca.org. Bei Interesse an der Mitarbeit in der arranca!-Redaktion oder einer der anderen Arbeitsgruppen schreibt einfach an arranca@nadir.org.

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Erschienen in arranca! #44

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