taz

taz und Radio 100

Interview mit Anton von Ex-Radio 100 und Imma, Ex-taz

Radio 100 ging am 1. März 1987 zum ersten Mal auf Sendung. Das Radio wurde zur Stimme für fast alle irgendwie oppositionellen Kräfte in der Stadt von den Immigran­tinnen über Alternative zur popkulturellen Linken, von Kulturfreaks, Lesben und Schwulen bishin zur linksradikalen "Szene". Gleichzeitig begonnen die internen Auseinandersetzun­gen um die politische Linie des Radios, und die Geldprobleme. Nach mehreren harten Finanzkrisen war das Radio 1991 praktisch pleite. Durch eine Soli-Kampagne und einen neuen Finanzierungsplan konnte der Zusammenbruch jedoch abgewendet werden, bis in einem —eigentlich schon gar nicht mehr kritischen Augenblick- der Geschäftsführer Timme Konkurs anmeldete. Dahinter stand die Differenz Timmes zu dem seiner Meinung nach zu linken Konzept des Senders. Wenige Wochen danach erhielt das französische Unter­nehmen NRJ für einen neuen Sender „Energy" die Frequenz. Seitdem ist Berlin weitge­hend radiofrei, Hitparaden beherrschen den Äther.

 Die taz dagegen überlebte zwar, aber änderte deutlich ihr Gesicht. Die Zeitung, die als Basisprojekt für eine links-grün-alternative Sammelbewegung entstand, geriet schnell an die Grenzen des Betroffenenjournalismus. Die basisorientierten Strukturen - lokale Unterstützergruppen sollten noch dem anfänglichen Konzept die Berichterstattung aus den Städten machen und als politisches Korrektiv dienen - funktionierten nicht. Berichte waren schlecht geschrieben, kamen zu spät oder gar nicht. Aufgrund dieser Erfahrungen mit der politi­schen Basis, aber auch als Ausdruck politischer Veränderungen strebte eine sich institutio­nalisierende Redaktion nach rechts. 1984 schließlich verbannte das Zeitungsprojekt konse­quent-linke Inhalte weitgehend aus ihren Seiten. Zwar war das Blatt nie so eindeutig links, wie es im Rückblick erscheint - die soziale Frage besaß für die taz beispielsweise nie soviel Bedeutung wie die eher mittelstandsorientierten sozialen Bewegungen -, aber ein Rechtsruck ist dennoch unverkennbar.

Erschienen in arranca! #2

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