Behinderung

Raus aus dem Reservat

Der Artikel „Was heißt Ableism? Überlegungen zu Behinderung und bürgerlicher Gesellschaft“ in der arranca! Nr. 43 hat bei uns einen widersprüchlichen Eindruck hinterlassen. Die politische Intention des Artikels ist uns durchaus sympathisch. Auch der Ansatz einer sozialwissenschaftlichen Definition des Behindertseins in der bürgerlichen Gesellschaft trifft im Großen und Ganzen auf unsere Zustimmung. Doch uns fehlt der konkrete Blick in den Alltag behinderter Menschen, zu denen wir übrigens selber auch gehören.

Erschienen in arranca! #44

Ich kann das alleine! Ja?

Abhängigkeit und Selbstbestimmung

Jeder Mensch ist von anderen Menschen abhängig – als Kind, im Alter, bei Krankheit oder Behinderung in erhöhtem Maße. Jetzt einfach nur zu sagen: „Wir sind ja alle irgendwie abhängig; wir wollen es nur nicht so richtig sehen“, ist genauso einfach gestrickt wie „Wir sind ja alle irgendwie behindert“. Es stimmt einfach nicht. Selbstbestimmt zu leben hingegen ist für Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen von Bedeutung.

Erschienen in arranca! #43

Was heißt Ableism?

Überlegungen zu Behinderung und bürgerlicher Gesellschaft

„Wir werden nicht als Behinderte geboren, wir werden zu Behinderten gemacht“ – dieser Slogan der Behindertenbewegung ist einfach, aber wahr. Die Abwandlung des Simone de Beauvoir-Klassikers, mit dem sie die Gesellschaftlichkeit von Geschlecht auf den Punkt brachte, könnte eine simple Erkenntnis sein, und doch scheint sie im Fall von Behinderung auf den ersten Blick verwunderlich: Behinderung sei doch eine manifeste Eigenschaft von Körpern, ein Mangel. Wenn ein Arm oder Bein fehlt, Nervenstränge gelähmt sind, dann ist da nichts gesellschaftlich Gemachtes, und auch das fehlende Augenlicht kann man nicht dekonstruieren, könnte man sagen.

Erschienen in arranca! #43

arranca! #43: Bodycheck und linker Haken

Editorial

Am Ende kam es anders als erwartet. Körper sind permanent Bewertungen und Normierungen ausgesetzt, sind Sammelbecken von Klassen- und Geschlechtssozialisation und von Rassifizierungsprozessen. Körper sind aber auch Orte des Widerstands – so hatten wir im Call for Papers Körperperspektiven geschrieben. Wir haben natürlich nicht wirklich geglaubt, die progressive Körperpraxis geliefert zu bekommen (wenn auch in naiv-stillen Momenten ganz heimlich darauf gehofft) und den Leser_innen damit klare Wege aus allen Dilemmata präsentieren zu können. Bemerkenswert ist aber doch, dass von den (überraschend) vielen und (wie gewohnt) interessanten Artikelvorschlägen sich die meisten auf einen Körper als beschränkende, begrenzende und aus-grenzende Instanz beziehen. Zu den Potentialen und Ressourcen des Körpers, zu Widerstandsmöglichkeiten durch den Körper – kaum ein Wort.

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Die radikale Linke in der Behindertenbewegung

Obwohl die radikale Linke die westdeutsche Behindertenbewegung bis in die 1990er Jahre entscheidend geprägt hat, spielt sie in ihr derzeit keine bedeutende Rolle. Zugleich befindet sich die Behindertenbewegung in einer tiefen Krise, die Anlass geben könnte, das Verhältnis zur Linken neu zu bestimmen. Ein Symptom dieser Krise ist, dass die spektakulären Aktionen, mit denen die Bewegung eine breitere Öffentlichkeit erreichte, Jahre zurück liegen – so z.B. Blockaden von Buslinien, die nicht rollstuhlzugänglich sind, oder die Kampagne gegen öffentliche Auftritte des Euthanasie-Propagandisten Peter Singer. Im Gegensatz zum Internationalen Jahr der Behinderten 1981, das von massiven Protesten begleitet wurde, verging das entsprechende Europäische Jahr 2003 ziemlich sang- und klanglos.

Erschienen in arranca! #33

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