Massenmedien

„it’s nine o’clock on my rolex“

Öffentliche Radios in den USA

TV und Radio in den USA sind erbärmlich, weiß hier jede/r. Die Amis werden mit Werbung und Musik zugedu­delt, Nachrichten und Infor­mationen sind hoffnungslos schlecht.
Wie kommt es, daß auch ausführliche Reportagen und mehrstündige bis mehrtägige Anhörungen von Untersu­chungsausschüssen im Äther zu finden sind?
Deutsche Linke wissen mei­stens nicht, daß es in den USA trotz allem kommerziel­len Mist viele Sender gibt, über die man sich besser, als in der BRD, informieren kann und die teilweise sehr eng mit der Basis zusammenarbei­ten oder auch von dieser gemacht werden.
Weil deutsche linke Radio­projekte häufig (nicht nur) am Geld scheitern, lohnt es, sich die Finanzierung der non-commercial (nicht-kom­ merziellen Radios) in den USA mal anzuschauen.

Erschienen in arranca! #2

Egin Euskadi ta Askatasuna

Die Stimme der Unabhängigkeit Euskadis

Die baskische linke Tageszeitung Egin ist ein ungewöhnliches Blatt. Am Wochenende umfaßt der Sportteil 20 Seiten, die Titelseiten sind farbig, die Fernsehbeilage steht den Funkzeitschrif­ten in der BRD nicht viel nach: Multico­lor posieren Don Johnson oder die Lebensretter von South Beach. Daneben allerdings steht die letzte ETA-Erklärung im Wortlaut, findet man auf der Mei­nungsseite eine Diskussion über Femi­nismus zwischen HB-nahen und autono­men Feministinnen oder beschreiben in der Jugendbeilage zwei 18-jährige aus der Proletenstadt Orereta, wie sie die letzten 2 Jahre im Knast verbracht haben. Nach 16 Seiten eines durchaus konventionell gehaltenen Lokalteils folgt eine ganzseitige Reportage über die Situation von afrikanischen Immigran­tinnen in Madrid oder über einen Land­arbeiterstreik in Andalusien. Und auf den Politikseiten geht es sowohl um die neue Regierungserklärung von Minister­präsident Gonzalez als auch um eine Schulreform.

Erschienen in arranca! #2

taz und Radio 100

Interview mit Anton von Ex-Radio 100 und Imma, Ex-taz

Radio 100 ging am 1. März 1987 zum ersten Mal auf Sendung. Das Radio wurde zur Stimme für fast alle irgendwie oppositionellen Kräfte in der Stadt von den Immigran­tinnen über Alternative zur popkulturellen Linken, von Kulturfreaks, Lesben und Schwulen bishin zur linksradikalen "Szene". Gleichzeitig begonnen die internen Auseinandersetzun­gen um die politische Linie des Radios, und die Geldprobleme. Nach mehreren harten Finanzkrisen war das Radio 1991 praktisch pleite. Durch eine Soli-Kampagne und einen neuen Finanzierungsplan konnte der Zusammenbruch jedoch abgewendet werden, bis in einem —eigentlich schon gar nicht mehr kritischen Augenblick- der Geschäftsführer Timme Konkurs anmeldete. Dahinter stand die Differenz Timmes zu dem seiner Meinung nach zu linken Konzept des Senders. Wenige Wochen danach erhielt das französische Unter­nehmen NRJ für einen neuen Sender „Energy" die Frequenz. Seitdem ist Berlin weitge­hend radiofrei, Hitparaden beherrschen den Äther.

 Die taz dagegen überlebte zwar, aber änderte deutlich ihr Gesicht. Die Zeitung, die als Basisprojekt für eine links-grün-alternative Sammelbewegung entstand, geriet schnell an die Grenzen des Betroffenenjournalismus. Die basisorientierten Strukturen - lokale Unterstützergruppen sollten noch dem anfänglichen Konzept die Berichterstattung aus den Städten machen und als politisches Korrektiv dienen - funktionierten nicht. Berichte waren schlecht geschrieben, kamen zu spät oder gar nicht. Aufgrund dieser Erfahrungen mit der politi­schen Basis, aber auch als Ausdruck politischer Veränderungen strebte eine sich institutio­nalisierende Redaktion nach rechts. 1984 schließlich verbannte das Zeitungsprojekt konse­quent-linke Inhalte weitgehend aus ihren Seiten. Zwar war das Blatt nie so eindeutig links, wie es im Rückblick erscheint - die soziale Frage besaß für die taz beispielsweise nie soviel Bedeutung wie die eher mittelstandsorientierten sozialen Bewegungen -, aber ein Rechtsruck ist dennoch unverkennbar.

Erschienen in arranca! #2

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