Repression

Den Bock nicht zum Gärtner machen

Eine Einschätzung zum Fall Kaindl

Noch immer wird eine Freundin aus unserer Redaktion in Zusammenhang mit dem Tod des Funktionärs der nazistischen Deutschen Liga für Volk und Heimat, Gerhard Kaindl, gesucht. Einiges hat sich im Vergleich zu der Situation vor sechs Monaten allerdings noch deutlich verschärft: Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft in Berlin gegen die fünf inhaftierten türkischen und kurdischen Leute Anklage erhoben, vor ca. einer Woche wurde eine weitere Person in diesem Fall verhaftet. Bei allen lautet die Anklage auf „Mord und 6-fachen Mordversuch“. Es scheint das Anliegen der Staatsanwaltschaft zu sein, eine lebenslängliche Haftstrafe gegen zumindest einige der Angeklagten zu erzielen. Gegen die fünf Gesuchten, darunter drei GenossInnen mit deutschem Paß, gibt es einen internationalen Haftbefehl und eine Hetzkampagne in den Medien.

Erschienen in arranca! #4

Verdammt lang quer

...“Solidarität ist politisch, nicht erst als Solidarität mit Politischen, sondern als Wei-gerung, nur unter dem Büttel des Wertgesetzes, nur unter dem Aspekt von Tauschwert zu handeln. Solidarität ist ihrem Wesen nach herrschaftsfreies Handeln, als solches immer Widerstand gegen den Einfluss der herrschenden Klasse auf die Beziehungen der Menschen zueinander [...]. Im Sinne des Systems sind Leute, deren Handlungen sich nicht an den Erfolgskriterien des Systems orientieren, Ausgeflippte und Trottel oder Versager .[...] Jede politische Arbeit ist auf Solidarität angewiesen.“

Erschienen in arranca! #45

Lamento der Trauer

Ein Versuch

Ein aspekt, der in unserer diskussion kaum erwähnung findet, wenn über militanz, bewaffneten kampf oder gewalt geredet wird, ist kein aspekt:
angst. vor dem tod, vor schmerz, vor einsamkeit.

Erschienen in arranca! #3

Im Rückblick tauchen Indizien auf

Gespräch mit P. aus dem Rhein/Main-Gebiet über Klaus S.

Auf den folgenden Seiten haben wir versucht, Hintergründe zum Fall Bad Kleinen zusammenzutragen. Wesentlich erschien uns vor allem herauszuarbeiten, warum sich ein V-Mann über ein Jahrzehnt in linksradikalen Strukturen halten konnte, ohne daß dies auf-fiel. Diese Fragen haben wir nicht gestellt, um uns voyeuristisch zu entsetzen oder Anklagen gegen vermeintliche „Verantwortliche" zu erheben. Es ging uns vielmehr darum, zu begreifen, wie Klaus Steinmetz seine Spitzeltätigkeit ausübte.

Mit dem §129a kann heute so gut wie jede politische Aktivität illegalisiert werden. Jede noch so friedliche Antifa-Gruppe, die in Auseinandersetzungen mit FaschistInnen verwickelt wird, muß sich mit Repression auseinandersetzen. Bei der Betrachtung der Details läßt sich fragen, ob sich das gleiche im eigenen Umfeld wiederholen könnte. Dabei nützt es nichts Hysterie, zu verbreiten und sich vom Mißtrauen packen zu lassen. Birgit Hogefeld hat recht, wenn sie in ihrem Brief schreibt, daß eine größere Offenheit für neue Menschen immer Gefahren in sich birgt, aber daß diese Offenheit unverzichtbar für jede linke Politik ist. Um in diesem Sinne eine nach vorne weisende Diskussion über die V-Mann Affaire zu ermöglichen, haben wir im Rhein-Main-Gebiet mit P. (langjährige Bekanntschaft von Klaus) geredet. Dies vor allem, weil nach fast 2 Monaten immer noch keine Einzelheiten bekannt sind, außer denen, die in den Massenmedien —zum Teil verfälscht— veröffentlicht wurden. Außer-dem dokumentieren wir noch einmal den 2.Brief von Birgit Hogefeld, in dem sie Klaus Steinmetz als Spitzel entlarvte. Verzichtet haben wir darauf, das Wiesbadener Flugblatt abzudrucken, wo der Briefwechsel zwischen Klaus und FreundInnen nach Bad Kleinen wiedergegeben wurde. Wir glauben, daß der Inhalt inzwischen weitgehend bekannt sein dürfte.

Erschienen in arranca! #2

Dafür haben sie den Paragraphen ja geschaffen!

EINE KAMPAGNE DER AA /BO (Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation)

Am 6.Januar 1993 wurde der Wiesbadener Antifaschist Gunther verhaftet, gegen 23.00 Uhr wurde sein Auto von einer Polizeistreife angehalten und Gunther unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruches festgenom­men. Den Hintergrund bildete ein Treffen der verbote­nen faschistischen Organisation „Deutsche Alternative" am gleichen Tag in Mainz. Das Treffen, welches sich in die zunehmenden faschistischen Aktivitäten im Rhein-Main-Gebiet einreiht, wurde von der Polizei ignoriert. Einige AntifaschistInnen versuchten gegen 19.30 Uhr ein Vorabtreffen der eigentlichen DA-Zusammenkunft aufzulösen, dabei wurden mehrere Nazis verletzt und zwei PKW-Scheiben zerstört. Obwohl es außer einem Stock im Wagen des 3 1/2 Stunden nach dem Vorfall in einer anderen Stadt festgenommenen Gunther kein „Beweismittel" gibt, wurde er tags darauf dem als „Hard­liner" gegen Linke geltenden Haftrichter Pohlen vorge­führt, der Untersuchungshaft anordnete. Seine Beschwerde gegen den Haftbefehl wurde von der 1.Strafkammer des Landgericht Mainz als unbegründet abge­wiesen, da sich ein dringender Tatverdacht ergäbe. Weiterhin hätten sich an Gunthers Kleidung Glassplitter gefunden, die von einem Fahrzeug stammen könnten, welches bei der Auflösung des Nazi-Treffen beschädigt wurde. Ebenso könnten die Splitter natürlich von jedem anderen bei PKWs üblichen Security-Glas stammen. Nach 5 Monaten Untersuchungshaft ist Gunther —unter Meldeauflagen— wieder auf freiem Fuß. Es wird wegen des Verdachts auf schweren Landfriedensbruch ermit­telt, der eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren vorsieht. Die gezielte Kriminalisierung linker Politik und antifaschistischer Organisierung liegt auf der Hand.

Erschienen in arranca! #2

Mulas

Bericht über eine Peruanerin in einem deutschen Knast

E.M. ist eine 38-jährige peruanische Gefangene der JVA Plötzensee, die wir seit einem Jahr kennen und regelmäßig besuchen. Sie ist im Juli 1990 auf dem Flughafen Schönefeld  festgenommen worden, als sie versuchte mit einem Begleiter, der ebenfalls aus Peru stammt, in die BRD einzureisen.

Erschienen in arranca! #1

Ende und Anfang

"SICH DEN NAZIS ENTGEGENSTELLEN HEUTE UND IN ZUKUNFT UND ALLE RASSISTEN ZUM MOND SCHIEßEN." (CARLO BLIETZ IN DER HAUPTVERHANDLUNG DES „KAiNDL-PROZEß")

Erschienen in arranca! #5

Hurra, wir leben noch…

Seit dem Erscheinen der letzten ARRANCA!, dem Zeitpunkt der Haftbe­fehle, Hausdurchsuchungen ... im sog. Fall „Kaindl" ist ein halbes Jahr vergan­gen. Wir haben lange für diese neue Nummer gebraucht. In den letzten Mona­ten waren wir damit beschäftigt, eine Demo am 21.Mai gegen die Kriminali­sierung des antifaschistischen Wider­standes und der Selbstverteidigung von ImmigrantInnen mitvorzuberei­ten.

Es liegt auf der Hand, daß das „Machen" erst mal Vorrang vor dem „Schreiben" hatte - also eine redaktionsinterne Krise war nicht der Grund. Nach der letzten Ausgabe „Linke und Militanz", mit der wir uns über ein positives feedback freuen konnten - da wir vor der Demo viel unterwegs waren, kriegten wir auch außerhalb Berlins Reaktionen auf die ARRANCA mit -, wollten wir nicht auf die Schnelle ein neues Heft um der Pünkt­lichkeit willen „zusammenstümpern".

Erschienen in arranca! #4

Anstelle eines Vorwortes

15 Polizisten, die sich um 6 Uhr morgens in die Wohnung schieben, ein paar gezogene Pistolen, das ekelhafte Fiepen ihrer Funkgeräte, ein Beamter, der einen an die Wand drückt, „Messer? Waffen? Spritzen?" fragt, wo man hinschaut Uniformen, die einen sich nicht bewegen lassen, ein sächselnder Einsatzleiter, immer wieder seine schnarrende Aufforderung „Bleiben, Sie wo Sie sind!", den Durchsuchungsbefehl zeigen sie natürlich erst später, fast eine Stunde danach.

Erschienen in arranca! #3

Im Rausch der Praxis

Zwei Tage vor dem blockierten Heiligendamm

„Liebe Freundinnen und Freunde, wir haben jetzt sichere Infos, dass alle anderen Zufahrtsstraßen nach Heiligendamm auch blockiert sind. Wir schreiben gerade Geschichte.“ Ich kann selbst nicht fassen, was ich da gerade ins Megaphon spreche. Nach all den Jahren als Gipfelstürmer glaubt man eigentlich an gar nichts mehr. Und außerdem hatte der Tag nicht gerade gut angefangen.

Erschienen in arranca! #37

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