Schwerpunkt

Performing the Gap

Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung

Um die Illusion zweier sauber geschiedener Geschlechter aufrecht zu erhalten, kennt unsere Sprache nur die zwei Artikel „sie“ und „er“ sowie die zwei darauf bezogenen Wortendungen, zumeist das weibliche „...in“ und das männliche „...er“. Alles, was außerhalb dieser Ordnung liegt, wird fortwährend verleugnet, denn der Vorstellungshorizont unserer Sprache ist auf eine binäre Struktur eingegrenzt. Dagegen möchte ich einen anderen Ort von Geschlechtlichkeit setzen, einen Ort, den es zu erforschen gilt und um den wir kämpfen sollten, er sieht so aus: _.

Erschienen in arranca! #28

Queere Politiken im Neoliberalismus?

Die Diskussion um das Verhältnis von queeren Politiken und Ökonomie wird oft in eine unheilvolle Gegenüberstellung gebracht: queere Politiken seien “nur” eine Intervention in kulturelle Codes und Identitäts-bezogene Politikmuster der Kritik von Heterosexualität, sagen manche KritikerInnen. Die postmoderne, angeblich vor allem sprachbezogene Kritik des Subjekts verbleibe auf einer Diskursebene, die den ihnen zugrundeliegenden politisch-ökonomischen Verhältnissen äußerlich bleibt oder sogar zu deren Entpolitisierung, gerade gegenwärtig, in der neoliberalen beliebigen Bezugnahme auf verwertbare Identitätsmuster, beitrage. Umgekehrt resultiert aus einer Ökonomie-zentrierten Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse nur zu leicht eine “Ableitung” sozialer Kämpfe in der Sphäre von Kultur, die ihren “wahren” Widerspruch doch eigentlich im Verhältnis von Kapital und Arbeit hätten. Von manchen wird queerer Aktivismus als lediglich individuell-private Identitätspolitik als Antwort auf die Zweigeschlechternorm gelesen, die die strukturellen Widersprüche kapitalistischer Vergesellschaftung verkennt und ein subversives Außen suggeriert, das es nicht geben kann.

Erschienen in arranca! #26

Was ihr von mir wollt, das kotzt mich an

Bulimie als weibliche Überlebensstrategie - eine Gratwanderung zwischen Verweigerung und Anpassung

Seit Mitte der 80er Jahre boomt in den westlichen Industriemetropolen die Essstörung Bulimie, die davor weder ein gesellschaftliches noch in fachpsychologischen Diskussionen ein nennenswertes Thema gewesen war. Die Betroffenen sind zum großen Teil Frauen und ihre Anzahl steigt mit zunehmender Tendenz. Diese Form des gestörten Essverhaltens steht im Kontext sich verändernder Leitbilder und Anforderungen an Frauen. Sie ist eine mögliche Überlebensstrategie gegen Normierungsdruck und struktureller (sexualisierter) Gewalt und sollte Konsequenzen für linke Politik haben.

Erschienen in arranca! #26

Die Linke und die "sexuelle Revolution"

Zwar ist es heute ungleich selbstverständlicher als noch vor 30 Jahren, wenn Kinder sich selbstbefriedigen, Jugendliche mit 12 zum ersten Mal vögeln oder FreundInnen sich einigermaßen ehrlich über ihre Ängste und Phantasien unterhalten. Aber dies hat nichts Grundsätzliches daran geändert, daß Sex in vielfacher Hinsicht tabuisiert bleibt. Die zu später Stunde gesendeten Fernseh-Talk-Shows, in denen geschwätzig Männer­phantasien ausgebreitet oder sogenannte „ab­normale” Sexualpraktiken „ganz liberal” diskutiert werden, haben (von hervorhebenswerten, aber wenigen Ausnahmen abgesehen) den klemmigen Umgang mit dem eigenen Sex nur auf eine andere Ebene verschoben. Sexualität ist nach wie vor ein „gesellschaftliches Problem”. Dieser Text spiegelt das wieder: Theorie statt Leben... Wie dem auch sei- auf den folgenden Seiten wird ein kleiner Überblick über die linke Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität geboten.

Erschienen in arranca! #8

"Pardon wird nicht gegeben"

Profiteure der Vernichtung im deutschen Kolonialismus

In der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis hängt eine Gedenktafel, die von den BesucherInnen des "Michel" meist übersehen wird. "Aus Hamburg starben für Kaiser und Reich" beginnt der Text, der dem Andenken einer Anzahl von Soldaten gewidmet ist, die ihr Leben in "China" und in "Afrika" ließen. Doch in welchen Kriegen kämpften sie, und wer waren ihre Gegner? Der Matrose Heinrich Bading, so erfahren wir, fiel am 27. Juni 1900 bei der Erstürmung des Forts Shiku. Rudolf Jobst, Reiter der Schutztruppe, starb am 16. Mai 1904 in einem Ort namens Otjihaenena. Die kaiserlichen Helden waren zur Bekämpfung antikolonialer Aufstände über See geschickt worden. 1900 war das Jahr des Boxeraufstands in China, und vier Jahre später schlug die Schutztruppe in "Deutsch-Südwestafrika" (Namibia) die Erhebung der Herero nieder – ein deutscher Krieg, der zum Völkermord wurde.

Erschienen in arranca! #15

"Was hätten Sie denn gerne, einen Jungen oder ein Mädchen?"

Wie durch Zwangszuweisungen geschlechtliche Uneindeutigkeit zerstört wird

Wer geht nicht wie selbstverständlich davon aus, daß nur zwei biologische Geschlechter existieren: Mann und Frau. Dementsprechend ordnen wir auch alle uns tagtäglich umgebenden Menschen in eine dieser Kategorien ein, ohne uns die Frage nach der Existenz vielleicht vieler Geschlechter zu stellen oder gar eine Einteilung an sich in Frage zu stellen. Durch diese Sichtweise werden die Menschen ausgeschlossen, die mit nichteindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren werden.

Erschienen in arranca! #14

Staatstheorien

oder "BeckenrandschwimmerInnen der Welt vereinigt euch!" (Langfassung)

Bürgerliche Geschichtsschreibung hat es an sich, Begriffe, die aus der modernen Verfasstheit der Gesellschaftsformation entspringen, in die Vergangenheit zu projizieren und somit gesellschaftliche Verhältnisse zu naturalisieren. In linken Auseinandersetzungen wurde dies bisher fast ausschließlich in Bezug auf Nation und Volk ausführlicher diskutiert. Für viele weitere Begriffe des politischen Alltags wurde diese Auseinandersetzung bisher kaum geführt. So für den Begriff der „Arbeit“ und des „Staates“.

Erschienen in arranca! #24

Tote Hunde wecken?

Interview mit Joachim Hirsch zur Staatstheorie und Staatsableitung

Heute wird innerhalb der Linken erneut breit über die Funktion des Staates diskutiert. Globalisierung und Krieg sind dabei konkrete Anlässe. Doch zunächst wollen wir über die Staatsableitungsdebatte sprechen, an der Joachim Hirsch beteiligt war. Er ist einer der wenigen, die auch heute noch hervorheben, dass für eine Linke die theoretische Bestimmung der politischen Form, also im engeren Sinne des Staates, notwendig ist.

Erschienen in arranca! #24

Der Alltag ist Krieg gegen Frauen

Interview mit Marina Kamal, Aktivistin einer revolutionären afghanischen Frauenorganisation

Die "Revolutionäre Vereinigung der Frauen in Afghanistan" (RAWA) ist eine parteiunabhängige feministische Organisation, die 1977 von intellektuellen Frauen in Kabul gegründet wurde und für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit kämpft.

Erschienen in arranca! #23

Sand im antikapitalistischen Alltagsverstand

Kapitalismuskritik ist wieder in. Seit die Auswirkungen der neueren Kapitalismusentwicklung, gerne Globalisierung genannt, offensichtlich geworden sind, fordern auch FunktionsträgerInnen des Kapitals und Teile der politischen Klassen einen gebändigten und regulierten Kapitalismus. Meistens haben sie es auf die Finanzmärkte abgesehen, die im Gegensatz zu einem "normalen" Kapitalismus scheinbar kein Interesse am "Allgemeinwohl" haben. Neu diskutiert werden Kapitalismus und dessen Kritik mit dem offensiven Auftreten der "Antiglobalisierungsbewegung". Vor allem mit Attac.

Erschienen in arranca! #23

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